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Nun, was soll ich sagen, – keiner mag sie. Und doch haben sie viele, die Versagensangst, das verdammte Lampenfieber, das einem oft die eigenen Glühbirnen im Hirn ausdreht, ein ruhiges Leben und den ehrlichen Schlaf raubt.

Auch die Großen, so berühmte Leute wie Meryl Streep oder unser guter alter Chopin plagten sich damit herum. Also müssen wir schon mal keine Komplexe kriegen und die Chancen, dass wir vielleicht doch noch ein Genie werden, stehen nicht schlecht.

Aber wusstet Ihr, dass unsere Furcht vor dem öffentlichen Reden mit über 40% das Kommando anführt in einer Reihe verschiedenster Ängste und Phobien? Die Angst vor Geldmangel mit 22 % oder die Angst vor Krankheit und Tod mit 19% gesellen sich recht spärlich hinterher.

Versagensangst und Lampenfieber werden von vielen Psychologen in die Untergruppe der „sozialen Angststörung“ eingeordnet, was uns aber persönlich ja nicht unbedingt weiterhilft, wenn man „blockiert“, gestresst, mit schneller Atmung und rasendem Puls irgendwelchen Sichtbarkeitsereignissen entgegen fiebert.

Die Symptome sind vielfältig

Die Symptome reichen von Entscheidungs- und Denkblockaden über Gedächtnisausfall zum Super-Gau: „Black-Out“. Sie schaffen uns die gefürchteten feuchten Hände und den flauen Magen, lassen einen die Toilette zum besten Freund werden oder den Laserpointer zum großen Verräter unserer zitternden Hände.

Versagensängste müssen nicht unbedingt nur vor einer Präsentation oder öffentlichen Events zuschlagen, bei manchen Menschen können sie auch recht ungebetene Dauer-Gäste sein, die sich häuslich niederlassen und uns ein recht beengtes Dasein in unserem eigenen Heim bescheren. Ein recht unerquicklicher Dauerzustand, der uns manchmal davon abhält, überhaupt „in die Pötte“ zu kommen und uns motiviert zu fühlen. Die anderen machen draußen längst schon ihren Dauerlauf und wir selbst hängen kauernd vor unseren Küchen-Vorhängen und schauen bedrückt zum Fenster hinaus.

„Angst: Mut mit Ladehemmung.‘‘
Rupert Schützbach

Was sind denn nun die wirklichen Ursachen?

Die Gründe können vielfältig sein

  • Da ist die berühmte „Angstdisposition“ schon von Geburt an. Diese gilt es festzustellen, um diversen Schuldgefühlen und dem Bewusstsein von „ich bin nicht gut genug!“ vieler Menschen entgegenzuwirken. Für viele ist diese Erkenntnis sehr entlastend.
  • Dann gibt es das „Lernen am lebenden Objekt“, (sprich schon die Eltern waren auch nicht gerade die Superhelden und man hat sich vieles abgeschaut.)
  • Häufig anzutreffen sind jene unangenehmen konditionierenden
    Angsterfahrungen im Kleinkindalter, die sich sehr prägend und hartnäckig im Erwachsenen-Alter erweisen. Erfahrungen von Leid, Aggression, Vernachlässigung, furchterregende Erlebnisse brennen sich in den ersten Lebensjahren tief ein und fordern oft erst viele Jahre später ihren schmerzvollen Tribut.
  • Schließlich fügen sich schlechte Erfahrungen und Blamagen in Schule oder vor jugendlichen Gleichaltrigen in den Reigen ein. Insbesondere Demütigungen in der Schule oder Mobbing-Konstellationen wirken sich oft desaströs aus.

Mit acht bis neun Jahren ist unser Angst-Strickmuster weitgehend komplett

Mit spätestens acht, neun Jahren ist unser Angst-Mut-Strickmuster weitgehend komplett für den Rest unseres Lebens. Mit dieser oft ungesunden Mischung gilt es nun im Erwachsenenalter zu leben. Es werden Kompromisse geschlossen, mit übertriebenem Temperament kompensiert, getarnt und getäuscht.

Die alte „Wunde“ unsichtbar zu machen, führt häufig zu fatalen Verhaltensverschiebungen, die einen immer mehr von einer authentischen, gesunden Alltagsbewältigung wegführen.

Methoden der Tarnung

Methoden gibt es genug, wie man Ängste nach außen kaschieren kann. „Den Starken“ markieren, ist häufig die Devise vieler Betroffener. Es soll ja keiner merken, mit Verletzlichkeit macht man schließlich keine Reklame.

Doch bei öffentlichen Ereignissen, Präsentationen, Sichtbarwerdung vor Gruppen oder mündlichen Prüfungen schlägt die Falle oft zu. Hoher Leistungsdruck, gepaart mit Versagensängsten, ist ein fataler Cocktail.
Übertriebene Anspannung, Denkblockaden, Blackout-verdächtige Gedächtnisprobleme, Schweißausbrüche, verräterische Nervosität und Herumzappeln formieren sich zum schier unbezwingbaren Gegner.

Viele retten sich in ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten

Erste Möglichkeit: Man begibt sich in Sichtbarkeits-Ereignisse gar nicht erst hinein, das typische Vermeidungsverhalten also. Devise: „Wenn ich nicht auf die Bühne gehe, dann fall ich auch nicht runter“. Zweite Möglichkeit: Der Entschluss sich durch zu kämpfen, egal wie. Oft dann allerdings keine angenehme Erfahrung.

Der „Kampf ums Überleben“ beginnt. Schweißgebadet, aschfahl im Gesicht, roten Flecken am Hals, einer atemberaubend gedämpften Schlagfertigkeit und der Körpersprache eines Dreijährigen, der gerade beim Bonbon-Klauen erwischt wurde, versucht man sich seinen Weg durch den ungeliebten Event zu pflügen.
Das mag amüsant sein fürs Publikum, das im günstigsten Fall mit Mitgefühl reagiert. Für einen selbst kann es eine schier traumatische Erfahrung sein.

Im Geschäftsleben wird Schwäche und Angst oft ausgenutzt

Es gibt sie, die Spezies „überkritischer Beobachter“, „Scanner“, die verflixten „Fehler-Sucher“. Vorwiegend sind sie im Business anzutreffen. Sie spähen in Sitzungen, Diskussionen, Präsentationen, Teambesprechungen oder wichtigen Verhandlungen genau jene Schwachstellen aus, in die später hinein gestoßen werden kann. Schachmatt-Setzen in kürzester Zeit durch genaues Analysieren des Objekt zuzüglich seiner Einstiegs-Luken. Mitgefühl, Rücksicht gibt es in einem Terrain, in dem Fakten, Zahlen, Machtbefugnisse und Geld zählen leider nicht.

Im Übrigen, für all jene, die die es nicht wissen, Angstschweiß ist mess- und unterschwellig wahrnehmbar. Angst und Panik kann man tatsächlich regelrecht riechen. Wissenschaftlich nachgewiesen: Bei Stress werden geruchliche Angst-Moleküle über den Hautschweiß frei gesetzt, die der Andere unterschwellig wahrnehmen kann. Da nützt dann die Hoffnung, der andere möge doch nicht überall „seine Nase reinstecken“ auch nichts. Schnell wird also der Ängstliche enttarnt und wird unter Umständen schnell zum Opfer dekradiert.

Tatsächlich habe ich viel weniger Angst, seit ich mich den Ängsten stelle.
Anaïs Nin

Und was bitte können wir nun gegen die Angst tun?

Ängste kann man inzwischen recht gut durch verhaltenstherapeutische Maßnahmen in den Griff kriegen. Oft ein längerer Weg, der Zeit und manchmal auch einiges an Geld kostet. Es stellt sich also die Frage, inwieweit wir selbst Einfluss nehmen können, diesen Zustand zu verbessern.

Fangen wir einmal damit an, was wir nicht tun sollten, weil diese Maßnahmen auf Dauer Angstzustände sogar fördern können. Zäumen wir also einfachheitshalber das Pferd einmal von hinten auf:

Alkohol, Drogen, Beruhigungsmittel und die inzwischen in Studenten-, Musiker- und Managerkreisen gern verwendeten Beta-Blocker, sind das letzte Mittel der Wahl. Unser Unterbewusstsein lässt sich nicht gerne betäuben. Ängste lassen sich nicht gerne wegspülen oder chemisch zersetzen. Ganz im Gegenteil, sie werden ärgerlich und holen zum Gegenschlag aus, präsentieren recht schnell neugeborene und schnellwachsende Kinder der Angst. Diese haben sogar einen Namen: Verfestigte Phobien.

Hier also ein paar handfeste Tipps aus der Praxis

Vergiss die Idee, dass Du an allem selbst schuld wärst…

dass Du zu schwach, zu klein, zu unfähig, zu schlecht bist. Ängste werden durch alte Programmierungen geschürt und entspringen nicht einem defizitären, selbst verschuldeten Fehlverhalten. Wichtig ist es, sich regelrecht mit seiner Angst „anzufreunden“. Rede zu ihr, mache sie zu Deinem fiktiven Gesprächspartner. Frag sie, warum sie da ist, wovor sie sich genau fürchtet, warum sie dich ausbremst. Dies hat nichts mit esoterischer Geheimwissenschaft zu tun, sondern nennt man „Konfrontations-Therapie“ oder auch „Desensibilisierung“ durch den aktiven Dialog. Mit jeder bewussten Kontaktaufnahme lassen sich Ängste mehr und mehr beschwichtigen und werden kleiner.

Setz Dir keine zu hohen Ziele!

Zu hohe Ziele setzen zusätzlichen Stress. Fehler sind erlaubt, gehören zum Lernen dazu. Perfektionismus bremst aus. Der berühmte Weg ist ja, wie wir bekanntlich wissen, das Ziel. Wege sind holprig, Hinfallen erlaubt, Aufstehen allerdings Pflicht. So wird Weitergehen und zuversichtliches Durchhalten immer leichter.

Drossle den Atem

Unter Stress wird die Atmung definitiv schneller. Bei höchstem Stress kann dieser Atemrhythmus bis in das Hyperventilieren führen.
Den Atem anhalten oder bewusst langsamer Ein- und Ausatmen ist hier sehr heilsam.

Notfall-Übung: Stoppe ein, zwei Mal den Atem und halte einfach für eine halbe Minute die Luft an. Das Hyperventilieren, der schnelle Atemrhythmus wird unterbrochen – augenblicklich wird man ruhiger. Überraschend gute Ergebnisse in kurzer Zeit!

Bewegung, Bewegung bitte!

Um Anspannung und verräterische Stresssignale und sichtbare Übersprungsgestik zu mindern, müssen wir die hohe Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol minimieren. Dieser mysteriöse Geheimcocktail, mit noch einigen anderen Hormonhelferlein zusammen, sind die kleinen Wunder-Macher, die uns in steinzeitlichen Jahrhunderten so schnelle Beine und starke Arme für Kampf oder Flucht gegeben haben.

Eine eher unangenehme Begleiterscheinung in der modernen Zeit ohne feindlich gesonnene Wildtiere. Keiner will bei öffentlichen Auftritten, Prüfungen oder Präsentationen mit schnellen Beinen und zappelnden Händen punkten. Mal ganz davon abgesehen, dass zu viel der geliebten Stresshormone einem das Hirn klein und den Blackout groß machen können.

Deshalb bis kurz vor dem Auftritt: Bewegung suchen! Treppen laufen, noch mal ein Spaziergang um den Block, notfalls ein paar kurze gymnastische Bewegungen auf dem „stillen Örtchen“, wo es keiner mitbekommt. Dann kann man getrost und mit viel ruhigerem Herzschlag in seinen großen Auftritt schreiten.

Spreche dich warm

Wenn man das Zepter und das Wort ergreifen will, muss man überzeugen. Das geht nicht immer von Null auf Hundert. Selbst unser Auto braucht Zeit, um auf Touren zu kommen. Und so ist es eben mit unserer Überzeugungskraft auch.

Rede Dich warm. Also schon vor Vorträgen, Präsentationen, Events, – ran an die Leute, in die Kantine, Gänge, Aufenthaltsräume und reden was das Zeug hält. Gibt es derlei Kollegen oder Kunden in nächster Umgebung nicht, gilt es sich an etwaige „Reinigungsperlen“ zu halten oder sich schon im Auto auf Betriebstemperatur zu reden.

Hände hoch und bitte lächeln!

Was heißt das nun genau? Ganz einfach: Körpertonus, Haltung, Gestik, Mimik beeinflussen sehr stark unsere Stimmungen. Wir können uns dies zunutze machen indem wir ein bisschen tricksen.

Wenn Du Dich ca. eine halbe Minute, aber bitte eher an abgeschiedenen Plätzen, um Irritationen bei möglichen Beobachtern zu vermeiden, mit gen Himmel gestreckten Armen expandierst, vielleicht dazu noch mit einem breiten Grinsen, dann passiert Eigenartiges. Schaltzentrale Hirn interpretiert postwendend:

Nonverbales Begeisterungsverhalten mit absoluter Entspannung und Angstlosigkeit. Schon nach kurzer Zeit machen sich Freude, Mut und gute Laune aufs Parkett. Die Stimmung steigt sichtlich. Mit dieser Grundausstattung lässt sich jeder stressgeladene Bühnenauftritt sehr viel entspannter bewältigen.

Angst verleiht Flügel.
Gustave Flaubert

Trau Dich einfach

Mit jedem Schritt mehr hinaus in die Sichtbarkeit vor Menschen, kommt auch die Routine. Alles fällt viel leichter, wenn man es mehrfach getan hat. Deshalb ist es gerade bei jeder Art von Präsentation und Reden in der Öffentlichkeit gerade zu Beginn wichtig, sich ins „kalte Wasser“ zu stürzen und einfach auszuprobieren.

Nimm Gelegenheiten wahr, im kleinen Kreis zu sprechen. Übernimm Team-Moderationen, kleine Referate, Ansprachen auch im privaten Umfeld. Der berühmte „Meister“ kam ja bekanntlich nicht vom Himmel gefallen. Es ist nicht clever, auf den Berg der Späne zu schauen, die man produziert, wenn man gerade am „Hobeln“ ist. Also übe was das Zeug hält. Irgendwann kommt dann der große Moment, wo Du kleine Kunstwerde schaffst auf die Du schon ein bisschen stolz bist. Dann kehrst Du zufrieden deine Späne zusammen und steckst sie fröhlich in die Tonne.