Viele Jahre bin ich nun schon Trainer in der Großindustrie, gebe viele Train-the-trainer-Kurse und bin in diversen Prüfungs-Komitees, in denen Prüflinge ihre Präsentationskünste vortragen müssen. So bin ich es gewohnt, dass die meisten mit Ängsten und Lampenfieber an den Start gehen. Man will keinem etwas Böses und versucht sich oft darin, einladend anzumoderieren, mitunter „gnädig“ vorgestellte Leistungen zu bewerten, weil man die Nervosität mit berücksichtigt.
Oft sind es immer die gleichen Fehler
Nachdem es immer ähnliche Fehler sind, über die Referenten stolpern, an dieser Stelle einmal ein paar grundsätzliche Tipps für alle von Euch, die Vorträge, Unterricht oder Präsentationen halten. Ich habe ein wenig in meiner „Beobachtungs-Kiste“ der letzten Jahre gekramt und die häufigsten „Präsentations-Sünden“ einmal zusammengestellt
Die 6 häufigsten Präsentationsfehler
1. Die Redner stolpern hoch aufgeregt in die Präsentation
Ärgerlich, weil der erste Eindruck, wie man ja weiß, meist keine zweite Chance hat. Er hält sich extrem hartnäckig und kann selbst durch wachsende Leistungen später nur noch schlecht abgemildert werden.
Kleiner Trick: Nein, nicht Atmen, nicht „Leute nackig vorstellen“, nicht Baldrianpillen bis zum Anschlag einwerfen. Stattdessen kurz vorher zwei, drei Minuten Bewegung! Treppen steigen, ein paar Mal flott durch die Gänge laufen, ein paar Kniebeugen. Warum? Weil man hierdurch die Stresshormone Cortisol, Adrenalin schnell und gut abbauen kann. Wirkt sofort und zuverlässig. So erklimmt man die Bühnenbretter und erobert Herzen im Fluge….fast jedenfalls.
2. Der Vortragende stürzt mitten ins Thema hinein, ohne die obligatorische Einleitung
Gut, er ist aufgeregt, will die Sache hinter sich bringen. Dennoch, Es ist wichtig, seine Zuhörer erst einmal abzuholen, einen Bezug zu ihnen herzustellen.
Gut ist es stets, wenn man sich vorher schon die Fragen stellt: „Warum sollte man mir zuhören, was wird wichtig für den Anderen sein? Was wird er davon haben, wenn er bis zum Ende konzentriert zuhört?“ Diese Gedankengänge verhelfen schnell zu guten Einleitungssätzen oder einer Zielbestimmung, die den Zuhörern als hilfreiche Orientierung dienen.
3. Der Redner ist im Wissensvorsprung, weil er Zeit hatte, sich aufs Thema vorzubereiten
So kann er zügig vortragen, meist allerdings viel zu schnell für den Zuhörer, ohne Punkt und Komma quasi. Die Zuhörer hinken gedanklich hinterher, verlieren schnell den Anschluss. Doch keiner will sich etwas anmerken lassen oder unkundig vor dem Vortragenden wirken. Deshalb bleiben gut interpretierbare Signale für den Referenten oft aus. Korrektur wird dadurch wiederum unmöglich. Das Publikum triftet ab, wird müde oder ungeduldig.
Deshalb immer kurze Pausen einbauen oder auch rhetorische Fragen. Unerwartet in kurze Interaktion mit dem Publikum treten, Überraschungseffekte „wecken“ auf und fordern die Zuhörer, die Konzentration bleibt erhalten.
Gerade bei sehr eintönigen Fach-Vorträgen oder PowerPoint-Präsentationen, in denen man sich auf die Visualisierung und das Hören gleichzeitig konzentrieren muss, bitte die Redezeit auf höchstens 20 Minuten pro Vortrag beschränken.
Das Publikum lässt sich nur von berühmten Leuten langweilen.
Theodor Herzl
4. Der Vortrag wird mit tief gesenktem Kopf von Unterlagen abgelesen
oder der Referent stellt sich gar direkt vor die Leinwand und liest dort den Text ab. Mit dem Rücken zum Publikum verliert er jedes Führungsinstrument.
Klar beherrscht man gerade bei längeren Unterrichtssequenzen oder Vorträgen nicht alles auswendig. Verlangt auch keiner. Es ist aber grundsätzlich eine Unhöflichkeit, die Aufmerksamkeit auf Karteikarten oder die Medien zu lenken und nicht den Zuhörern zu widmen. Wichtig: immer wieder den Blick heben und „scheibenwischerartig“ über die Reihen schweifen lassen. Nur so ist gewährleistet, dass die Aufmerksamkeit des Publikums erhalten bleibt.
5. Zu viele Folien sind todlangweilig
Kleine Schrift, Textüberfüllung, so dass die Folien eher wie ein unübersichtliches Tapetenmuster erscheinen, fördern den Unmut des Publikums. Weit und breit kaum Grafiken oder Bilder, die veranschaulichen, ein Dschungel aus Buchstaben, keine optischen Strukturen, sind der Graus jedes Zuhörers.
Leider schaut die Realität draußen tatsächlich oft noch so aus. Man kann es nicht häufig genug betonen: Weniger ist mehr!
Optisch ansprechende Präsentationen arbeiten mit Stichpunkten, Aufzählungen, Einrückungen und nicht mit Fließtext ohne Zäsur.
Aufbau und Struktur sollen stets gut ersichtlich sein. Eine Folie gewinnt durch viel „freien“ Raum und wenige Aussagen. Also Mut zur „Verdichtung“ auf dem Medium selbst und dafür mehr selbst als Experte in Erscheinung treten, indem man unterstützende Medien erklärt und interpretiert.
6. Das Publikum wird vergessen
Sicher, wir sind alle hochbeschäftigt und konzentriert bei Präsentationen. Man will alles richtig machen, der Fokus liegt auf der Beherrschung der Technik und die Informationen, die man geben will.
Was da schnell passiert: Der Bezug zum Publikum geht verloren. Kein Einbeziehen, keine Verständnis- oder rhetorischen Fragen, kaum Blickkontakt, kein räumliches Zugehen auf die Menschen, keine Diskussionsanreize, kein Methoden- oder Medienwechsel.
Ende vom Lied: die Zuhörer dämmern weg. „Wenn ich nicht gefordert werde, kann ich auch gehen“, sagen die sich. Sie verlassen die Bühne, wenn auch nicht real, doch geistig.
Ein Publikum allerdings, das man einmal verloren hat, ist nur sehr schwer wieder zu gewinnen. Also vorher schon dran denken und seine Zuhörer nie aus den Augen verlieren. So können erste Konzentrationsschwächen schon frühzeitig erkannt werden.
Man muss das Publikum zu sich heraufholen; man darf nicht zu ihm hinuntersteigen.
Gustaf Gründgens